Verträge für Selbstständige in der Schweiz: Ein Leitfaden
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Die Selbstständigkeit bringt viele Vorteile mit sich: Flexibilität, Eigenverantwortung und die Freiheit, eigene Projekte zu realisieren. Gleichzeitig stellt sie Selbstständige vor rechtliche und administrative Herausforderungen. Einer der wichtigsten Aspekte dabei sind Verträge. Diese bieten nicht nur rechtliche Sicherheit, sondern helfen auch, Missverständnisse und Konflikte zu vermeiden. In diesem Blogpost werfen wir einen Blick darauf, welche Vertragsarten für Selbstständige in der Schweiz relevant sind, welche Inhalte sie abdecken sollten und worauf es zu achten gilt.

Warum sind Verträge für Selbstständige wichtig?

  1. Rechtliche Absicherung: Ein schriftlicher Vertrag kann vor rechtlichen Auseinandersetzungen schützen. Ohne Vertrag ist es oft schwierig, Ansprüche nachzuweisen.

  2. Klarheit über Leistungen und Erwartungen: Ein Vertrag definiert genau, was geliefert wird, zu welchem Preis und in welchem Zeitrahmen.

  3. Vertrauensbildung: Ein professioneller Vertrag signalisiert Zuverlässigkeit und Seriosität.


Die wichtigsten Vertragsarten für Selbstständige

1. Dienstleistungsvertrag

Der Dienstleistungsvertrag ist einer der häufigsten Verträge für Selbstständige. Er regelt die Erbringung einer Dienstleistung, beispielsweise Beratungen, Coaching oder IT-Support.

Wichtige Inhalte:

  • Beschreibung der Dienstleistung

  • Vergütung (Pauschale oder Stundenhonorar)

  • Zahlungsbedingungen

  • Laufzeit und Kündigungsfrist

  • Haftung und Gewährleistung

2. Werkvertrag

Im Werkvertrag verpflichtet sich die selbstständige Person, ein bestimmtes Werk herzustellen, z. B. eine Website, ein Design oder ein Gutachten. Das Werk muss am Ende „erfolgreich“ abgeliefert werden.

Wichtige Inhalte:

  • Klare Definition des Werks (z. B. Anforderungen und Spezifikationen)

  • Termine für Zwischenübergaben und Fertigstellung

  • Vergütung und Zahlungsmodalitäten

  • Regelungen für Abnahme und Nachbesserung

3. Freelancer-Vertrag

Dieser Vertrag richtet sich speziell an freie Mitarbeiter, die regelmässig, aber ohne fest Anstellung tätig sind. Hier wird oft eine längerfristige Zusammenarbeit geregelt.

Wichtige Inhalte:

  • Projektbezogene Aufgabenbeschreibung

  • Zeitliche Verfügbarkeit

  • Vertraulichkeit und Datenschutz

  • Regelung von Nutzungsrechten für erstellte Werke

4. Rahmenvertrag

Ein Rahmenvertrag ist sinnvoll, wenn mit einem Kunden mehrere Projekte über einen längeren Zeitraum hinweg abgewickelt werden. Einzelne Aufträge werden dann in sogenannten Einzelverträge geregelt.

Wichtige Inhalte:

  • Geltungsbereich des Rahmenvertrags

  • Allgemeine Regelungen zu Honoraren, Laufzeit und Kündigung

  • Prozesse zur Erstellung von Einzelvereinbarungen

5. Kaufvertrag

Ein Kaufvertrag kommt dann zum Einsatz, wenn Selbstständige Produkte oder Waren verkaufen. In der Schweiz wird der Kaufvertrag im Obligationenrecht (OR) geregelt. Er ist besonders für Einzelunternehmer relevant, die beispielsweise handwerkliche Produkte oder Software verkaufen.

Wichtige Inhalte:

  • Beschreibung des Kaufgegenstands

  • Preis und Zahlungsbedingungen

  • Lieferbedingungen (Ort, Zeit und Kosten)

  • Regelungen bei Mängeln oder Defekten

  • Eigentumsübergang (z. B. mit Zahlung oder Lieferung)


Besondere rechtliche Aspekte in der Schweiz

1. Abgrenzung zum Arbeitsvertrag

Selbstständige müssen darauf achten, dass ihre Verträge nicht irrtümlich als Arbeitsvertrag interpretiert werden, denn dann könnte eine Scheinselbstständigkeit vorliegen. In der Schweiz gilt ein Arbeitsverhältnis, wenn eine Weisungsabhängigkeit und eine Eingliederung in die Organisation des Auftraggebers vorliegt. 

2. Sozialversicherungen

Selbstständige sind selbst für ihre Sozialversicherungen verantwortlich. Im Vertrag sollte klar geregelt sein, dass keine Beiträge zur AHV, IV, EO oder ALV über den Auftraggeber abgerechnet werden.

3. Mehrwertsteuer

Ab einem Jahresumsatz von CHF 100'000 sind Selbstständige mehrwertsteuerpflichtig. Verträge sollten daher eine Klausel enthalten, die klärt, ob Preise mit oder ohne Mehrwertsteuer angegeben sind.

4. Geistiges Eigentum

In der Schweiz gilt, dass die Urheberrechte beim Schöpfer bleiben, es sei denn, im Vertrag wird explizit etwas anderes vereinbart. Bei kreativen Leistungen ist es daher wichtig, die Nutzungsrechte genau zu definieren.


Tipps für die Vertragsgestaltung

  1. Eindeutige Sprache: Vermeide unklare Formulierungen. Jeder Punkt sollte für beide Seiten verständlich sein.

  2. Vorlagen nutzen: Es gibt zahlreiche Vorlagen, die an schweizerische Gegebenheiten angepasst sind.

  3. Rechtsberatung: Bei Unsicherheiten ist es sinnvoll, Rechtsexperten beizuziehen.

  4. Anpassungsfähigkeit: Passe Verträge an individuelle Projekte und Kundenbedürfnisse an.


Fazit

Verträge sind für Selbstständige in der Schweiz ein unverzichtbares Werkzeug. Sie schaffen Klarheit, Sicherheit und Professionalität in der Zusammenarbeit mit Kunden. Indem Selbstständige ihre Verträge gut vorbereiten und auf die spezifischen Anforderungen ihrer Branche und Projekte abstimmen, können sie viele potenzielle Konflikte von vornherein vermeiden. Die Investition in einen gut ausgearbeiteten Vertrag lohnt sich – nicht nur rechtlich, sondern auch für den langfristigen Erfolg der Selbstständigkeit.

Sandra Litsios
Sandra Litsios
20.02.25 15:53