Überschuldung: Was Gründende wissen sollten
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Mit der Selbstständigkeit kommen auch neue Verantwortungen und rechtliche Pflichten. Einer der kritischsten Aspekte für Kapitalgesellschaften, wie die GmbH oder AG, ist das Thema Überschuldung. In der Schweiz regelt das Obligationenrecht (OR), insbesondere Art. 725 OR, wie mit einer Überschuldung oder einem Kapitalverlust umzugehen ist und welche Pflichten du als Gründer und Geschäftsführer hast. In diesem Blogpost erklären wir dir, was Überschuldung bedeutet, welche rechtlichen Anforderungen du erfüllen musst und wie du potenzielle Probleme schon im Vorfeld vermeiden kannst.

Was bedeutet Überschuldung?

Überschuldung tritt ein, wenn die Aktiven (Vermögenswerte) nicht ausreichen, um die Schulden vollständig zu decken. Eine solche Situation gefährdet nicht nur den Fortbestand deines Unternehmens, sondern zieht auch rechtliche Konsequenzen nach sich. Um den Eintritt einer Überschuldung zu vermeiden oder Gläubiger zu schützen, ist bereits bei einem Kapitalverlust Handlungsbedarf vorgeschrieben. Ein Kapitalverlust liegt vor, wenn die Differenz zwischen Aktiven und Verbindlichkeiten die Hälfte des Stamm- oder Aktienkapitals (inkl. gesetzlicher Reserven) nicht mehr deckt.


Art. 725 OR: Deine Pflichten als Geschäftsführer oder Verwaltungsrat

Für angehende Unternehmende ist es entscheidend, die Pflichten der Geschäftsführung (GmbH) beziehungsweise des Verwaltungsrats (AG) zu verstehen, insbesondere in Bezug auf Kapitalverlust und Überschuldung. Art. 725 OR regelt diese Verfahren und Pflichten für Kapitalgesellschaften wie die GmbH und AG.

1. Kapitalverlust – Wann muss gehandelt werden?

Wenn die Verluste deines Unternehmens dazu führen, dass die Hälfte des Stammkapitals (GmbH) oder Aktienkapitals (AG) nicht mehr gedeckt ist, spricht man von einem Kapitalverlust. In diesem Fall bist du verpflichtet:

  • Massnahmen zur Beseitigung des Kapitalverlusts einzuleiten.

  • Falls deine Firma über keine Revisionsstelle verfügt eine solche zu ernennen und die letzte Jahresrechnung prüfen zu lassen.

2. Überschuldung – Was passiert, wenn die Schulden das Vermögen übersteigen?

Bei der Vermutung einer Überschuldung bist du verpflichtet, unverzüglich einen Zwischenabschluss zu erstellen (je nach Ausgangslage sowohl zu Fortführungs-, wie auch zu Veräusserungswerten).

Diesen Zwischenabschluss musst du durch eine Revisionsstelle prüfen lassen (falls du keine Revisionsstelle hast, musst du eine ernennen).

Ist die Überschuldung gegeben, so muss der Verwaltungsrat bzw. die Geschäftsleitung umgehend das Gericht informieren.

Darauf kann nur verzichtet werden, wenn die Überschuldung durch einen Rangrücktritt der Gesellschaftsgläubiger (z.B. bei einem Aktionärsdarlehen) vermieden werden oder die Überschuldung innert maximal 90 Tage behoben werden kann.

Wichtig: Diese Pflicht gilt unabhängig davon, ob dein Unternehmen zahlungsfähig ist oder nicht. 

Das Gericht prüft dann, ob ein Konkursverfahren eröffnet oder eine Sanierung ermöglicht werden kann. Eine Bilanzdeponierung ist in solchen Fällen zwingend erforderlich. Die Konkursantragspflicht ist jedoch nicht absolut: Wenn realistische Sanierungsmöglichkeiten bestehen, kannst du – mit Zustimmung eines Experten – die Konkursanmeldung aufschieben. Das revidierte Aktienrecht räumt Unternehmen mehr Flexibilität für Sanierungen ein, z. B. durch Zahlungsaufschub oder Restrukturierungspläne.


Wie vermeide ich Überschuldung?

Als Gründer kannst du die Gefahr einer Überschuldung durch eine vorausschauende Unternehmensführung minimieren. Hier einige Tipps:

  • Regelmässige Abschlüsse: Achte darauf, Einnahmen und Ausgaben fortlaufend zu überwachen. Eine regelmässige Analyse hilft, Engpässe frühzeitig zu erkennen.
  • Finanzielle Rücklagen bilden: Gewinne sollten teilweise als Reserve zurückgelegt werden, um auch in schwierigen Zeiten zahlungsfähig zu bleiben (es gibt auch eine gesetzliche Pflicht Rückstellungen zu bilden).
  • Frühzeitige Beratung suchen: Bei finanziellen Schwierigkeiten solltest du Experten wie Treuhänder oder Wirtschaftsprüfer hinzuziehen.
  • Flexibles Geschäftsmodell: Reagiere schnell auf Marktveränderungen, indem du dein Geschäftsmodell bei Bedarf anpasst.

Haftung des Verwaltungsrats und der Geschäftsführung

Als Geschäftsführer oder Verwaltungsrat trägst du die Verantwortung, die finanzielle Lage deines Unternehmens regelmässig zu prüfen und bei drohender Überschuldung entsprechende Massnahmen zu ergreifen.

Haftung: Solltest du diese Pflichten vernachlässigen, kannst du persönlich haftbar gemacht werden – insbesondere, wenn du die Überschuldung nicht rechtzeitig meldest oder trotz fehlender Sanierungsaussichten keinen Konkursantrag stellst.


Fazit: Verantwortung übernehmen und vorausschauend handeln

Kapitalverlust und Überschuldung sind keine Themen, die auf die leichte Schulter genommen werden dürfen. Als Gründer bist du nicht nur für den Erfolg deines Unternehmens verantwortlich, sondern auch dafür, die gesetzlichen Vorgaben einzuhalten. Durch solide Finanzplanung, regelmässige Überprüfung der finanziellen Lage und rechtzeitige Massnahmen kannst du die Risiken minimieren und dein Unternehmen auf eine sichere Grundlage stellen.

Dario Morf
Dario Morf
30.01.25 08:30